Geschichte

Ortsgeschichte :
Offstein ist die südlichste Gemeinde des seit 1969 bestehenden Landkreises Alzey-Worms. Das Dorf liegt im Eisbachtal und wurde bereits vor mehr als 1230 Jahren in mehreren Urkunden des Lorscher Codex erwähnt, ist aber erheblich älter. Auf eine zeitweise Besiedlung durch unsere nomadisierenden Vorfahren in fränkischer und römischer Zeit weisen Funde mehrerer Gräberfelder rund um das Dorf hin-, eines dieser Gräberfelder wird sogar der Jungsteinzeit (3000 bis 1800 Jahre vor Chr.) zugeordnet.

Die „Geburtsurkunde“ Offsteins wurde zwischen 766 und 768 ausgefertigt und bestätigt einen Tausch von Rebengelände in „Offenstein“ gegen Ackerland in doppeltem Ausmaß. Tauschpartner waren Bischof Angilram von Metz und Abt Gundeland vom Kloster Lorsch. Der damalige Ortsname Offenstein hat sich im Laufe der Jahrhunderte nur unwesentlich verändert und lautete zeitweise Ufstein, Offestein, Uffsteyn und Ofenstein, bis sich schliesslich vor etwa 500 Jahren der jetzige Ortsname festigte. Der Ortsname ist, wie fast alle Ortsnamen unseres Raumes, in der beginnenden Frankenzeit entstanden. Er deutet jedoch nicht, wie man vermuten könnte, auf vorhandene grosse Steine und Felsen hin ( die es ohnehin hier nicht gibt), sondern nach Meinung der Sprach- und Namensforscher vermutlich auf ein damals noch seltenes Steinhaus, das ein gewisser „Uffo“ gebaut und bewohnt haben könnte.

Abgesehen von den auf Offstein bezogenen elf Urkunden des Lorscher Codex aus den Jahren 766/68 bis 791 gibt es bis Anfang des 13. Jahrhunderts keine Aufzeichnungen über hiesige Besitzverhältnisse. Dokumentiert ist jedoch, dass das Dorf und die Vogtei Offstein im Mittelalter Lehen der Herren von Lichtenberg im Unterelsaß war und danach in den Besitz der Grafen von Hanau-Lichtenberg, den Miterben der Herrschaft Lichtenberg, kam. Auch andere Adlige hatten zeitweise Besitzungen in Offstein, wie z.B. die Grafen von Hohenecken, die Grafen von Leiningen, der Ritter Sifrid von Metze und schliesslich die Junker von Oberstein. Diese waren ab 1359 Lehnsherren des hanauischen Dorfes und der hiesigen Burg. Nach ihrem Aussterben Anno 1661 kam das Dorf durch Tausch gegen andere Güter in den Besitz des Kurfürsten Carl Ludwig von der Pfalz. Die Güter wurden später an Graf de Lecheraine und danach an die Freiherren von Huntheim als Lehen weitergegeben, bis die Kurpfalz durch den Frieden von Luneville 1801 aufgelöst wurde. Unabhängig hiervon waren aber auch schon vorher Offsteiner Bürger im Besitz landwirtschaftlicher Grundflächen. Ausserdern hatten auch Wormser Kirchen und Stifte Grundbesitz, der ihnen meist durch Schenkungen übereignet worden war. In der Folgezeit kam Grund und Boden jedoch verstärkt in das Eigentum ortsansässiger Bürger.

Die bisherigen kurpfälzischen Ober- und Unterämter wurden ebenfalls aufgelöst und durch Departements und Kantone ersetzt. Offstein gehörte während der französischen Zeit zum Kanton Pfeddersheim im Departement Donnersberg. Nach dem Sieg über Napoleon und dem Vertrag von Paris vom 3. November 1815 wurde das Gebiet des späteren Rheinhessen, also auch die Gemeinde Offstein, dem Grossherzogtum Hessen angegliedert, die Pfalz kam an Bayern. Im Jahre 1835 wurden die Kantone Pfeddersheim, Osthofen und Worms zum Kreis Worms mit Sitz in Worms zusammengeschlossen. Seitdem kam es zu mehreren Reformen, die zu erheblichen Änderungen des Kreisgebietes führten: Die Stadt Worms wurde verselbständigt, einige Gemeinden in die Stadt eingemeindet, neun rechtsrheinische Gemeinden dem Kreis Worms angegliedert und nach Kriegsende dem neuen Kreis Bergstrasse zugewiesen, bis es durch die Verwaltungsreform 1969 zu einer völligen Neugliederung der Verwaltungsbezirke kam. Offstein gehört seitdem zur neugebildeten Verbandsgemeinde Monsheim im Landkreis Alzey-Worms.

Das Rathaus der Gemeinde Offstein wurde erstmals im Lagerbuch von 1720 beschrieben: „beforcht nach Wald die gemeine Gass, nach Rhein Backhaus-Hofgut-Ödplatz, stoßt gegen Bingen und Speyer auf die gemeine Gaß“. Der Schlussstein im Torbogen des Erdgeschosses trägt die Jahreszahl 1819 und benennt vermutlich den Zeitpunkt des Umbaues, die tatsächliche Bauzeit ist jedoch unbekannt. Die barocken Formen des Gebäudes lassen einen Vergleich mit dem pfälzischen Bautyp der sogenannten „Kapellenrathäuser“ zu, bei denen das Erdgeschoß als Kapelle und das Obergeschoß als Bürgermeisterei genutzt wird. Daß dies bei der Erbauung geplant oder beabsichtigt war, ist eher unwahrscheinlich, denn eine kirchliche Nutzung erfolgte nur kurzzeitig, im übrigen war das Untergeschoß zeitweise, Abstellraum, Schmiede oder Feuerwehrgerätehaus, teilweise aber auch Wohnung. Im Obergeschoß befindet sich wie bisher das Büro des Ortsbürgermeisters und der Ratssaal. Heute steht das Gebäude unter Denkmalschutz.

Kirchengeschichte :
Eine katholische Pfarrei mit Kirche wurde erstmals in einer Urkunde vom 22. Dezember 1212 erwähnt. Die Patronatsrechte an der Offsteiner Kirche standen ursprünglich dem Probst des Cyriakusstiftes in Neuhausen zu, wurden mit dieser Urkunde jedoch dem Stift selbst übertragen. Über Baujahr, Bauart und Beschaffenheit dieses Gotteshauses ist leider nichts überliefert. Nach der Reformation wurde die Kirche den Reformierten zugewiesen und von diesen bis zur Pfälzischen Kirchenteilung im Jahre 1706 gottesdienstlich genutzt. Danach wurde sie wieder den Katholiken zurückgegeben, musste aber um 1780 wegen Baufälligkeit abgetragen werden. An gleicher Stelle in der Kirchgass (heute Neu-Offsteinerstrasse) entstand der Neubau der heutigen Kirche, die 1782 fertiggestellt und dem HI.Martin geweiht wurde. Zur St.Martinskirche gehört auch die um 1540 erbaute St.Wendelinuskapelle nahe dem westlichen Ortsausgang, die als das älteste Gebäude des Dorfes betrachtet werden kann.

Die reformierte Kirchengemeinde, die um 1566/67 entstand, nutzte die vorstehend erwähnte Kirche etwa 140 Jahre lang, erbaute noch vor 1740 aber ein eigenes Gotteshaus auf dem Engelsberg. Diese Kirche wurde jedoch nur wenige Jahrzehnte genutzt und verfiel nach Plünderung und Fremdnutzung durch die Franzosen.

Neben der katholischen und der reformierten bestand gleichzeitig auch eine lutherische Kirchengemeinde, die Anno 1710 in der Wormser-Strasse ein eigenes Gotteshaus errichtete. Nach dem Zusammenschluss der Reformierten und der Lutheraner zu einer evangelischen Kirchengemeinde im Jahre 1824 wurde die reformierte Kirche endgültig aufgegeben und 1840 abgetragen. Die ehemals lutherische Kirche wurde nunmehr gemeinsam genutzt und dient auch heute noch als Gotteshaus. Bei Renovierungsarbeiten wurde 1984 im Eingangsbereich ein etwa 1725 entstandenes Fresko in barocken, verschnörkelt und mit gelben Ranken umkränzten Buchstaben freigelegt. Weitere Ausmalungen aus jener Zeit waren jedoch so stark beschädigt, dass sie wieder übertüncht werden mussten.

Landwirtschaft, Handwerk, Handel und Industrie :
Wie überall lebten im Mittelalter und der Folgezeit auch die Offsteiner fast ausschliesslich als Abhängige von der Landwirtschaft. Daneben bestanden in bescheidenem Umfang überwiegend der landwirtschaftlichen Struktur des Dorfes angepasste Handwerk und Handel treibende (Familien)betriebe. Erst nach Auflösung der Feudalherrschaft kam Grundbesitz an breitere Bevölkerungsschichten, es bildeten sich zahlreiche landwirtschaftliche Einzelbetriebe. Inzwischen hat auch der Weinbau eine erhöhte Bedeutung für die Gemeinde erlangt, mehrere Weingüter vermarkten ihren selbsterzeugten Wein und Sekt in allen Teilen Deutschlands.

Dem Offsteiner Landwirt Tobias Deis und seiner Familie ist die Einleitung der Industrialisierung in Offstein zu verdanken. Er baute 1850 eine Kartoffel-Zuckerfabrik und war später der Hauptinitiator für den Bau der Rüben-Zuckerfabrik in Neu-Offstein, die 1884 die Produktion aufnahm. Durch Um-, Aus- und Erweiterungsbau erlangte die Zuckerfabrik eine grosse überregionale und internationale Bedeutung. Das Werk wurde später durch die Süddeutsche-Zucker-AG übernommen und ist inzwischen eine der grössten Zuckerfabriken Europas.

Im Dezember 1886 wurde die Bahnverbindung zwischen Worms und Offstein eröffnet und einige Jahre später durch des Bahnausbau bis Grünstadt erweitert. Die Betreiberin der Strecke WormsOffstein, die Süddeutsche Eisenbahngesellschaft, übergab den Bahnbetrieb 1953 an die Bundesbahn. Der Personenverkehr wurde 1968 auf Autobusse umgestellt, der Güterverkehr stark reduziert und inzwischen ganz eingestellt.

Offstein wurde früher durch einen Privatbetrieb mit elektrischem Strom versorgt. 1956 zwang die wirtschaftliche Entwicklung jedoch zu einer Übernahme der Stromversorgung durch das EWR.

Neben mehreren Handwerks- und Gewerbebetrieben bestehen in der Gemeinde inzwischen auch einige kleinere Industriebetriebe, die ortsansässigen und auswärtigen Bürgern wertvolle Arbeitsplätze bieten. Hauptarbeitsgeber ist jedoch die Zuckerfabrik Neu-Offstein, die zwar verwaltungsmässig zur Nachbargemeinde Obrigheim zählt, für Offstein aber eine starke wirtschaftliche Bedeutung hat.

Verfasser: Helmut Zorn